ein Beitrag von Christian Schober
Es ist wichtig, dass Unternehmen Wertvorstellungen haben und diese auch verbreiten. In Form von Weißbüchern, Konzepten, Missionen, Visionen, Botschaften, Compliance-Regeln etc. werden diese Werte kommuniziert, bspw. für die Mitarbeiter, für die Kunden, für Geldgeber und einige mehr. Das ist doch in Ordnung, oder? Tue Gutes (oder habe Gutes vor!) und rede davon! Leider ist es aber einfacher Werte zu kommunizieren, als diese zu leben!
Hinsichtlich der Wertvorstellungen kann es bspw. um die Vermeidung von Diskriminierung, um viele Fragen der Gerechtigkeit, um Menschenrechte, um die Ächtung von Kinderarbeit, um Religionsfreiheit oder auch um Umweltschutz gehen.
Ich stelle eine "steile These" auf: Wenn Werte dem Unternehmen nichts kosten, sind sie nicht ernst gemeint!
Denn gelebte Werte "kosten" zwangsläufig! Nämlich im wahrsten Sinne des Wortes durch höhere Gemein- und Einkaufskosten, höhere Personalkosten, aber auch durch den Verzicht auf Umsatz! Nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" kann man hier also nicht vorgehen. Wie können Unternehmen und Unternehmer bspw.
- über die Gleichstellung der Frauen sprechen und nicht in der gleichen Höhe bezahlen?
- bei Minijobbern durch geschickte Arbeitszeitgestaltung auch noch den Mindestlohn unterlaufen?
- vorgeben, sich für Menschenrechte zu interessieren und dann in den betroffenen Ländern nicht nur produzieren lassen, sondern ggf. sogar noch die Produkte dort verkaufen?
- sich brüsten, die Produktverpackung sei biologisch abbaubar, obwohl sich herausstellt, dass das zwar stimmt, aber der Abbauprozess 30 Jahre dauert?
- Rohstoffe einkaufen, die unter den denkbar schlechtesten Bedingungen gewonnen werden, und sich nicht darum kümmern?
Diese Aufzählung könnte sehr, sehr viel länger sein.
Gewinnmaximierung ist ein wichtiges Unternehmensziel. Wenn es aber das einzige Ziel ist, dem alles untergeordnet wird, dann ist das einfach nur noch traurig und beschämend. Werden Wertvorstellungen dann noch zu Marketing-Zwecken "zur Schau gestellt" geht zudem noch die Glaubwürdigkeit komplett verloren. Kann man ein Unternehmen noch ernst nehmen, wenn ein hehres Ziel zwar kommuniziert, aber dann einem wirtschaftlichen "Ziel" geopfert wird?
Sehr viele deutsche Familienunternehmen haben sich ihren Werten verschrieben und geben diese auch von Generation zu Generation weiter. Es gibt aber leider auch nicht wenige schwarze Schafe, die marktschreierisch unterwegs sind und offenbar nur so tun, als wären die propagierten Werte tatsächlich wichtig.
Es ist schlimm, dass solche Unternehmer und Unternehmen durch ihr Verhalten jungen Leuten heute vermitteln, dass man mit Geld alles kaufen und alles "ausgleichen" kann. Und dass man mit Umsatz und Wachstum fast alles rechtfertigen kann. Man kann sogar - erfolgreich - alles Mögliche als "richtig" behaupten. Sollen doch die Anderen das Gegenteil erst einmal beweisen. Und dann in Ruhe klagen... Was sind das für Vorbilder?
Kurzfristig mag das dem ein oder anderen Unternehmen mehr Gewinn bescheren. Ein trügerischer "Erfolg", denn langfristig werden weder diese Unternehmen im Speziellen noch Deutschlands Wirtschaftsleistung im Allgemeinen davon profitieren.
Grüße aus München von Christian Schober
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